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"Technische Fakultät uncovered" mit Edoardo Milana
livMatS-Wissenschaftler Edaordo Milana gibt in einem Interview Einblicke in seine Arbeit
Die Reihe „Technische Fakultät uncovered“ stellt jede Woche eine Professorin oder einen Professor der Technischen Fakultät der Universität Freiburg vor. Die Professor*innen gewähren Einblicke in ihre Tätigkeit als Wissenschaftler*innen und Lehrpersonen und verraten dabei sogar das eine oder andere Geheimnis über sich. Diesmal: Edoardo Milana, Professor für Soft Machines am Institut für Mikrosystemtechnik.
Herr Milana, was verbinden Sie mit Mikrosystemtechnik?
Edoardo Milana: Der Präsident von IBM sagte 1943 voraus, dass es einen Markt für etwa fünf Computer geben würde. Es ist schwer, ein weiteres Beispiel dafür zu finden, dass eine Vorhersage sich als so enorm falsch herausgestellt hat. Heute gibt es Milliarden von Computern auf der Welt, und diese außergewöhnliche Leistung ist auf die rasante Entwicklung der Mikrosystemtechnik zurückzuführen. Was diese Disziplin derzeit so spannend macht, sind die potenziellen neuen Anwendungen jenseits der Mikroelektronik, von biomedizinischen Geräten bis hin zur Mikrorobotik, über programmierbare und intelligente Materialien. Außerdem sehen wir ständig Beispiele dafür, wie sich in der Natur Organismen entwickelt haben, die auf verschiedenen Ebenen funktionieren, von Molekülen bis zu Geweben und Zellen, und diese Synergie von Nano-, Mikro- und Makrosystemen ist eine hervorragende Inspirationsquelle für die Entwicklung neuer nachhaltiger Hochleistungstechnologien.
Was ist Ihr Hauptforschungsgebiet und warum begeistert es Sie?
Mein Hauptforschungsgebiet sind Soft Robotics. Wir entwerfen und bauen autonome Maschinen aus nachgiebigen und flexiblen Materialien wie Gummi, Kunststoffen und Gelen. Soft Machines können aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften sicher mit empfindlichen Objekten und Organismen interagieren und sind ideal für Anwendungen, bei denen ein Kontakt zwischen Mensch und Roboter unvermeidlich ist, wie z.B. in der Roboterchirurgie, in der aktiven Prothetik, Altenpflege und bei Begleitrobotern. Es ist spannend, dass Soft Machines einige der Aufgaben übernehmen können, die traditionell von Sensoren, Aktuatoren und Steuerungen ausgeführt werden, und zu erforschen, wie künstliche Intelligenz nicht nur auf der Softwareebene, sondern auch auf der Hardwareebene geschaffen werden kann.
Was lernen die Studierenden bei Ihnen und welche Aspekte sind Ihnen besonders wichtig?
In meinen Kursen und im Labor lernen die Studierenden, wie man Maschinen herstellt, die nicht aus einer Anordnung starrer Komponenten bestehen, die sich drehen und verschieben, sondern aus Materialien, die gedruckt oder geformt werden können und sich durch Verformung bewegen. Wir untersuchen die Antriebsmechanismen und die Steuerungsstrategien, die dies möglich machen. Ich halte es für besonders wichtig, die geometrische Struktur dieser Maschinen sorgfältig zu entwerfen, um die externe Steuerung so weit wie möglich zu vereinfachen, indem die Funktionalität direkt in die Maschine programmiert wird.
Welchen Rat würden Sie Studierenden zu Beginn ihres Studiums geben?
Es ist aufregend, einen neuen Studiengang zu beginnen, aber vielleicht fühlen Sie sich von den verschiedenen technischen Disziplinen, die Sie in Angriff nehmen müssen, überfordert. Ich rate den Studierenden, mit Begeisterung dem nachzugehen, was ihre Interessen und ihre Neugier anregt, und dem zu folgen, wofür sie sich begeistern, um ihre Spezialisierung entsprechend anzupassen. Ich ermutige die Studierenden auch, an den Forschungsprojekten teilzunehmen, die hier an der Technischen Fakultät durchgeführt werden, um die Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung zu verstehen und ihre Wissensbasis durch praktische Aktivitäten zu bereichern.
Wie sind die Berufsaussichten für Absolvent*innen?
Mikrosystemtechniker*innen sind eine hochqualifiziert und für die Arbeit in modernsten Technologieunternehmen ausgebildet. Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es in verschiedenen Branchen: Elektronik, Sensoren, Aktuatoren, Automatisierung, aber auch Automobilbau, Biomedizin, Energiesysteme und Werkstoffe. Angesichts des außergewöhnlichen Forschungsumfelds unserer Fakultät haben die Absolvent*innen außerdem die Möglichkeit, eine Doktorandenausbildung in herausragenden und führenden Forschungsgruppen zu absolvieren, um eine akademische Laufbahn einzuschlagen oder Führungspositionen in der industriellen Forschung und Entwicklung einzunehmen.
Was ist Ihr Motto für Lehre und Forschung?
Als Forscher auf dem Gebiet der Soft Machines kann ich wirklich sagen, dass mein Motto lautet: "Sei flexibel, um anpassungsfähig zu sein!" Es ist ein Ausdruck von Weisheit, die Grenzen einer bestimmten Technologie oder Methodik zu erkennen und bereit zu sein, unbekannte, aber vielversprechende Alternativen zu erkunden. Dies gilt sowohl für die Lehre als auch für die Forschung, denn Flexibilität bedeutet, dass man auf externe Rückmeldungen reagieren kann, um bessere Leistungen und Erkenntnisse zu gewinnen. Im Ingenieurwesen erleben wir diese Veränderungen bei den Energiesystemen und im Verkehrswesen, und dasselbe wird auch in der Robotik und der Materialwissenschaft geschehen.
Was gefällt Ihnen an der Technischen Fakultät am besten?
Das stark interdisziplinäre Umfeld der Technischen Fakultät ist eine einzigartige Gelegenheit, die Kernaspekte der klassischen Ingenieurdisziplinen zu erfassen. Beispielsweise baut die Mikrosystemtechnik auf Maschinenbau, Elektrotechnik und Systemtechnik sowie auf Werkstoffkunde und Chemie auf, so dass die Studierenden in all diesen Disziplinen ausgebildet werden. Sehr gut gefällt mir auch, dass die Fachbereiche durch Forschungszentren wie das FIT und das IMBIT ergänzt werden, in denen die Forschungsaktivitäten über die Fakultätsgrenzen hinausgehen und die Zusammenarbeit zwischen Ingenieur*innen, Mediziner*innen, Biolog*innen, Physiker*innen und Chemiker*innen ermöglichen.
Was sollten Studierende Ihrer Meinung nach über Sie wissen?
Ich bin begeistert von Soft Machines, also sollten die Studierenden nicht erschrecken, wenn ich versuche, sie davon zu überzeugen, dass matschige und verformbare Roboter in bestimmten Aspekten besser sein können als die coolen humanoiden Maschinen, die wir auf Youtube sehen, wenn sie Rückwärtssaltos und Tänze ausführen! Ich liebe es, Fußball zu sehen und zu spielen, und ich bin ein großer AS Roma-Fan. Seien Sie also nicht überrascht, wenn Sie mich im Europa-Park-Stadion treffen, wenn in der nächsten UEFA Europa League das Spiel SC Freiburg - AS Roma stattfindet!
Weitere Ausgabe von "Technische Fakultät uncovered" mit livMatS-Wissenschaftler Bastian Rapp